Wenn Max Vetter nicht das eigene Bier braut, geleitet der Mühldorfer als Diplom-Biersommelier durch ebenso informative wie launige Verkostungen. 

Wenn der Vetter Max über Bier spricht, dann legt er einen Esprit an den Tag wie der im Frühjahr voller Schmelzwasser zu Tale sprudelnde  Inn. Da gibts kein Halten, da ist er buchstäblich in seinem Element. Zu dem im schweizerischen Maloja entspringenden Fluss hat der aus Mühldorf (am Inn!) stammende Mann ein ganz besonderes Verhältnis. Doch mehr dazu später.

Zunächst volle Konzentration auf das, was Max uns gerade erzählt. Wir hocken in einer kleinen, urigen Holzhütte (gemeinsam mit ein paar Kompagnons erbaut) an einem Tisch. Darauf reihen sich ein paar Flaschen Bier, ein paar Gläser unterschiedlichster Art. Linkerhand der Türe prangt die Bayernfahne von der Wand, daneben hängen Regalbretter, die weitere Gläser und Bierflaschen beinhalten. Damit wäre das Interieur im Grunde vollständig beschrieben. Sein „Bräustüberl“ nennt Max den putzigen Verschlag, der wiederum im hinteren rechten Eck einer Lagerhalle in Waldkraiburg thront. Durchs Fenster blicken wir hinaus auf Berge aus Biertragerl und -fässern. Genau die richtige Atmosphäre, um sich von Max durch die „ganze Welt der Biere“ geleiten zu lassen. Hier, in seinem Stüberl, empfängt der Max in seiner Rolle als Biersommelier nämlich (wissens-)durstige Gäste, die sich auf humorige Art und Weise belehren lassen wollen. 

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Festbier gehört in den Maßkrug

Der Maßkrug zum Beispiel. In Bayern würden wir sauber protestieren, wenn uns die Bedienung im Bierzelt ein Märzen im Halbe-Glas kredenzte. Was nicht nur, erklärt der Max mit Augenzwinkern, am bajuwarischen Größenwahn liegt. Festbiere, erfahren wir, seien nicht so hopfenherb wie beispielsweise das im Norden so beliebte Pils. Schwerer, vollmundiger, malzgetragen und damit süßer schmecke so ein Festbier. Und damit man in den vollen Genuss dieser Geschmacksnuancen komme, sollte das köstliche Nass idealerweise flugs an der Zunge vorbeiströmen und sich am Gaumen sammeln. Dort nämlich, so Max, lägen die Rezeptoren für Süßliches.

Schön und gut – doch wie verleihen wir unserem Festbier nun ordentlich Schwung? Indem wir es aus einem Maßkrug trinken! Der Mund steht dabei zwangsläufig sperrangelweit offen und das Bier saust uns in den Schlund wie ein goldener Fluss.

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Max Vetter von Innbräu ist Diplom-Biersommelier

Biersommeliers, fasst es der Deutsche Brauerbund zusammen, beschäftigen sich in der Ausbildung mit der handwerklichen Herstellung von Bier. Sie erfahren, welche unterschiedlichen Bierspezialitäten in Deutschland sowie weltweit gebraut werden, welche Aromakomponenten enthalten und zu erschmecken sind, welches Bier zu welchen Speisen passt, wie die Völker dieser Erde jeweils Bier zelebrieren  und welche Geschichten sich um das Genussmittel ranken.

Wer, wie Max, die Ausbildung absolviert hat, darf sich „Diplom-Biersommelier“ nennen. Nötig gehabt hätte der Mühldorfer sicherlich nur einen kleinen Teil der absolvierten Ausbildungsinhalte. Als Braumeister  und Weltenbummler war er ohnehin schon ein wandelndes (Bier-)Lexikon. 

Eine eigene Brauerei musste her

Seine Lehre hat Max 2010 abgeschlossen, bei der damals in Mühldorf ansässigen und kultisch verehrten Unertl-Brauerei. Bevor er das erste, eigene Bier auf den Markt bringt – das „5‘17er Zwicklpils“ – sollten zehn abwechslungsreiche Jahre ins Land ziehen. Vier Jahre durchstreift er für ein Unternehmen, das Zentrifugen für Keltereien baut, Südafrika, Großbritannien und die Schweiz. Wein und Obstsäfte verdrängen kurzzeitig das Thema Bierbrauen, das aber – quasi untergärig – ständig im Hinterkopf rumort. „Herrschaftszeiten“, sagt er sich schließlich, „ich bin und bleibe doch Brauer!“ Max kehrt zurück nach Hause, drückt wieder die Schulbank und macht den Braumeister.

Für eine heimische Brauerei zu arbeiten und Rezepte zu entwickeln, dabei fühlt er sich schon wohler – das Grüne vom Hopfen ist es aber immer noch nicht. Wie holt sich ein „wuider Hund“ wie der Vetter Max einen klaren Kopf? In kristallklarer Luft natürlich. Er siedelt nach Vancouver über und verdingt sich in Kanada als Skiguide. Heli-Skiing und Mehr-Tages-Touren in den Whistler-Mountains, nebenbei die hiesigen Brauereien begutachten, das scheint den Schalter endgültig umgelegt zu haben. Eine eigene Brauerei musste her!

Firmengründung durchgezogen

Mit dem „Innbräu“ hat er sich den Traum nun erfüllt. Zumindest so halbwegs. Der ursprüngliche Plan, im Heimatort Oberbergkirchen in einem stillgelegten Lagerhaus die eigene Brauerei zu errichten, scheiterte kurz vor knapp. Eine kuriose Geschichte rund um ein plötzlich aufgetauchtes Lärmschutzgutachten machte dem Max einen Strich durch die im Grunde schon unterschriebene Rechnung. Als nur wenige Monate später klar wurde, dass eine sich ausbreitende Pandemie mitsamt ihren Lockdowns eine Firmengründung zum Risikogeschäft machen würde, sprangen die Investoren ab.  Nur Max, der Sturkopf, der hielt an seinem Traum fest – zum Glück, für Freund*innen gepflegten Biergenusses!

Biernamen von Innbräu: Geschichten rund um den Inn

Zum „5‘17er Zwicklpils“, das Max als Premierenbier des Innbräu braute, um alteingessenen Brauereien bei der Präsentation am heimischen Volksfest nicht auf den Schlips zu treten, haben sich inzwischen das „Innbräu Hell“, die „Silberschatz Weisse“ und – der Vollständigkeit halber auch genannt – das „Wuidwasser Cola-Mix“ hinzugesellt. Wer nüchtern liest, wird längst begriffen haben: Die Namen der Innbräu-Spezialitäten stehen allesamt im Zusammenhang mit dem nur ein paar hundert Meter von der aktuellen Lagerhalle vorbeifließenden Fluss.

517 Kilometer lang ist der Inn – voilà, schon steht die Bezeichnung fürs Pils. Am 28. Mai im Jahre 1648 soll der kostbare Silberschatz von Kurfürst Maximilian I. im Inn bei Mühldorf versunken sein und ist bis heute unentdeckt geblieben… Noch mietet sich der Max als Gastbrauer in die Kessel der Genossenschaftsbrauerei Gut Forsting ein. Die seien, sagt der Max, trotz langer Tradition modern aufgestellt und super entspannt drauf. Die Pläne für eigene Räumlichkeiten hat er trotzdem fleißig weiterverfolgt. Jetzt will er die Nummer durchziehen, mit seinem Innbräu.

Diesen Sommer will er verkünden, wo die eigenen Kessel stehen werden. Spätestens 2025 kann er seine launigen Biersommerlier-Abende dann nicht mehr nur hier im Stüberl, sondern auch direkt am Produktionsstandort abhalten. Was er auch dann keinesfalls ändern wird, ist das weltoffene Konzept. Die Verkostungen beschränken sich natürlich nicht nur auf eigene Kreationen! Darum hat er die Veranstaltung ja mit „Die ganze Welt der Biere“ betitelt. Am Ende der feuchtfröhlichen Anekdoten stellt sich nur eine Frage: Wer zur Hölle fährt uns jetzt heim?