Seit Jahrzehnten geleitet Alfred Hupfauer Besucher über das Gelände des
Rosenheimer Auer Bräu. Eines der großen Themen seiner genauso herzerfrischenden wie kompetenten Brauerei-Führungen: der Umweltschutz.

Der Hupfauer Alfred gehört zum Inventar. Ähnlich wie die alte MAN-Dampfmaschine von 1913 tut er unermüdlich seinen Dienst, obwohl er diesen offiziell längst quittiert hat. Hupfauer zählt stolze 82 Lenze und bezeichnet sich als „Unruheständler“. Das Urgestein des Rosenheimer Auer Bräus hat es sich zur Aufgabe gemacht, Besucher über das altehrwürdige Brauerei-Gelände zu führen. Und einen patenteren Dozenten könnten sich die Geschäftsführer Dirk Steinebach und Thomas Frank gar nicht wünschen. Hupfauer hat seit seinem ersten Tag beim Auer Bräu – ein sonniger Oktobertag im Jahre 1964 ist’s laut eigener Aussage gewesen – jede Abteilung, jeden Arbeitsbereich durchexerziert. Vom Schütten und Schaufeln der Mälze über das Herumwuchten von Fässern bis hin zum Ein- und Abpumpen im Lagerkeller.

Auf dem heutzutage über 20.000 Quadratmeter umfassenden Gelände gleich gegenüber vom Rosenheimer Bahnhof gibt es keinen Winkel, den der gute Mann nicht kennt wie seine sprichwörtliche Westentasche. Damals, als junger Bursche, hatte man ihm erst einmal eine Schaufel in die Hand gedrückt: zum Kohleschaufeln. Wo heute die Autos der gut 110 Mitarbeiter durch ein imposantes Stahltor fahren, führten früher Geleise in den Hof. Johann Auer, der die Brauerei am heutigen Standort 1889 in Betrieb genommen hatte, war aus unternehmerischer Sicht ein schlauer Fuchs gewesen. Während die alten, rein handwerklich geprägten Brauereien der Stadt zu jener Zeit reihum die Schotten dichtmachten, setzte der geschäftstüchtige, aus Neubeuern „Zuagroaste“ stark auf die noch jungen Errungenschaften von Industrie und Technik. Dazu gehörte unter anderem, die An- und Auslieferung möglichst effizient zu gestalten. In den Anfangsjahren schafften die hereinzuckelnden Waggons vor allem Kohle heran, die per Hand abgeladen werden musste. Das Brauen, erklärt Hupfauer, habe nämlich viel mit Hitze und Kälte zu tun. Und geheizt habe man in seinen Anfangszeiten tatsächlich noch mit Kohle.

Die Auer Bräu-Geschäftsführer Thomas Frank (links) und Dirk Steinebach stellen sich seit Jahren erfolgreich der Herausforderung, altbewährte Brautradition auch im 21. Jahrhundert fortzuführen.
Fotos: Andreas Jacob

„Wir Bayern mögen eine schöne, feste Schaumkrone“

Hitze ist vor allem im „Herzen der Brauerei“, wie Hupfauer das Sudhaus nennt, unabdingbar. Mit ihrer Hilfe verwandelt sich beispielsweise in der Maischepfanne die im Malz enthaltene Stärke in Zucker. Und beim Hopfenkochen in der Sudpfanne gehe es einerseits um den Geschmack, andererseits habe der Hopfen auch die keinesfalls zu unterschätzende Aufgabe, dem fertigen Bier eine Schaumkrone aufzusetzen. Den Stellenwert des Schaums drückt Hupfauer auf seine unnachahmlich humorige Weise aus: „Wir Bayern mögen eine schöne, feste Schaumkrone – anders als die Engländer. Die saufen Biere, die genauso gut Tee sein könnten.“

Hier im Sudhaus weist der alte „Schaumeur“ aber auch auf eine weitaus wichtigere Herausforderung moderner Brauereien hin – abseits vom sinkenden Bierkonsum in der Bevölkerung. Beim Hopfenkochen, so Hupfauer, zeige sich exemplarisch, wie heutzutage ökologisches Brauen funktioniert! Früher habe eine Sudpfanne in einer Stunde locker zehn Prozent ihres Inhaltes verdampft. Der Auer Bräu stellt bei einem Sud bis zu 200 Hektoliter Stammwürze her. Früher seien also in jeder Stunde Kochen gut 20 Hektoliter als Wasserdampf aus dem Kamin in den Himmel geblasen worden. In Bier umgerechnet sind das 2.000 Mass! Zum Glück sowohl für durstige Kehlen als auch für die Umwelt sei heute ein deutlich effektiveres Kochsystem im Einsatz, freut sich ­Hupfauer. Das kocht nicht nur intensiver und zugleich schonender; überdies wurden Wärmetauscher eingebaut, zur Rückgewinnung von Wasser und Energie. Denn – wir erinnern uns – heißes Wasser ist ein kostbares Gut in einer Brauerei, ob nun zum Kochen oder zu Reinigungszwecken.

Apropos Umwelt: Nach einem kurzen (und schnell als Irrweg erkannten) Intermezzo mit schwerem Heizöl stieg die Brauerei zuerst auf leichtes Heizöl als Energieträger um und dann auf Gas. „Und seit Neuestem“, sagt Hupfauer, „haben wir ein kleines Blockheizkraftwerk, das auch die Wärme fürs Verwaltungsgebäude liefert.“

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Fotos: Auer Bräu

Das Thema Umweltmanagement ist im Auer Bräu Chefsache

Indem der Mitbegründer und langjährige Frontmann der „Karolinenfelder“, jener seit Jahrzehnten für Auer Bräu auf dem Rosenheimer Herbstfest aufspielenden Blaskapelle, über die im Laufe der Jahre durchgeführten ökologischen Verbesserungen spricht, lobt er im Grunde seinen Chef. Als technischer Geschäftsführer hat Thomas Frank das Thema Umweltmanagement schon seit Mitte der 1990er Jahre zur Chefsache erklärt. Mit der ersten validierten Umwelterklärung von 1997 darf sich Auer Bräu als absoluter Pionier der Branche und mit den Ergebnissen der seither alle zwei Jahre erhaltenen Gutachten auch als Branchenprimus fühlen. Wenn Braumeister Frank über die erzielten Fortschritte im Rahmen des sogenannten EU-Öko-Audit erzählt und dabei die zu durchleuchtenden Stoffströme oder die zu analysierenden Prozesse erläutert, klingt das freilich deutlich technischer als aus dem Munde von Alfred Hupfauer. Doch letztlich blasen beide ins gleiche Horn: Heutzutage reicht es nicht mehr, „nur“ herausragende Biere zu produzieren; es gilt auch, möglichst sparsam mit den Ressourcen umzugehen. „Dieses Thema“, betont Frank, „beschäftigt mich schon mein halbes Brauereileben.“ Mitunter daran mag es liegen, dass Auerbräu seit vier Jahren im Betriebsvergleich seiner Größenklasse beim Thema Energie-Effienz als bestes Unternehmen abschneidet.

So verbraucht die Brauerei heute für einen Hektoliter Bier im Vergleich zu früher nur mehr rund die Hälfte an Ressourcen. Frank nennt als Beispiel den Stromverbrauch: Seien es früher pro Hektoliter Bier 14 Kilowatt Stunden Strom gewesen, benötige man heute nur noch sieben. Auch ein Blick in den Lagerkeller lohnt: Bei seiner Inbetriebnahme 2004 galt er als der modernste des ganzen Landes. 27.500 Hektoliter fasst er und hat eine Höhe von 17 Metern. Sieben Kilometer an Leitungen sind darin verbaut. Doch Lagern bedeutet in einer Brauerei immer kühlen! Bei dem Gedanken läuft es Alfred Hupfauer kalt den Rücken herunter. Hat er doch noch jene Zeiten am eigenen Leib miterlebt, als die sogenannte Kellerarbeit eine einzige Plackerei, in seinen Augen gar der schlimmste Job in der Brauerei war. „Immer nass, immer kalt, immer dieses künstliche Licht und mitten drin musste man schwer schuften“, schaudert es Hupfauer noch heute. Auch diese Zeiten sind lang vorbei. Wurde früher das gesamte Gebäude gekühlt, geht es heutezutage den gewaltigen Gefäßen mittels einer Mantelkühlung an den Kragen, während die Luft im Gebäude gefriergetrocknet wird. Das verhindert Kondenswasser. Und nach dem Rechten sehen die Mitarbeiter vom warmen Arbeitsplatz am Bildschirm aus.

Fotos: Andreas Jacob

In einem Punkt macht das Auer Bräu keine Abstriche: An der Qualität des Bieres!

Zum Thema Kälte fällt Thomas Frank derweil eine kleine, aber feine Maßnahme ein. Etwas zu kühlen, so der Brauingenieur, funktioniere in der Regel über ein Kältemittel, im eigenen Fall über Ammoniak. Kälteträger, also das Medium, das vom Ort der Kälte-Erzeugung zum Ort der Anwendung fließt, war früher eine Magnesiumchloridsole. Diese Salzlösung transportierte die Brauerei bei minus fünf Grad Celsius mittels einer gewaltigen Pumpe durch den Betrieb. Mithilfe eines Ingenieurbüros habe man nun herausgefunden, dass diese Pumpe äußerst ineffizient lief. Nur winzige Justierungen an der Pumpe brachten ein enormes Ergebnis. Von solchen kleinen Verbesserungen bis hin zu großen Investitionen wie die in eine neue Druckluftstation für 100.000 Euro führt Auer Bräu pro Jahr etwa drei bis sechs Maßnahmen durch. „Reinheitsgebot und Umweltschutz, das passt einfach wie die Faust aufs Auge“, sagt Frank.

Nur an einem Punkt werden keinesfalls Abstriche gemacht: an der Qualität des Bieres! Alfred Hupfauer drückt es auf seine Art aus: Dank des guten Wassers könne man in Oberbayern, wenn man damit umzugehen verstehe, hervorragendes Bier brauen. „Und ich bin der Meinung, dass wir es am besten verstehen!“ Spricht’s und spaziert hinüber ins Besucherstüberl, um sich und den Besuchern ein paar schöne, schaumbekrönte Helle zu zapfen.

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