Zehn Bücher und eine CD gehen auf das Konto von Wolfgang F. Hofer. Seit 30 Jahren fühlt sich der Lengdorfer zum Autor berufen – und zieht diese Berufung mit unermüdlicher Leidenschaft komplett in Eigenregie durch. Ein Besuch.

Fotos: Andreas Jacob

Eigentlich viel zu früh für so ein Resümee! Er ist doch – zumindest noch bis Juni – erst 40 Jahre alt, dieser Wolfgang F. Hofer, wohnhaft an der geradezu poetischen Adresse „Niedergeislbach 30a“ im kleinen Lengdorf, das etwa mittig zwischen Erding und Dorfen liegt. Das darf man hier so ohne Weiteres verraten, weil unter derselben Adresse auch Woifis Verlag seinen Sitz hat, im gemütlichen Einfamilienhäuschen gleich neben dem elterlichen bzw. genaugenommen urgroßelterlichen Hof. Und Woifi darf man sagen, weil der Herr Hofer selbst ein freches Oberbairisch an den Tag legt, angesichts dessen er – grad in Kombination mit diesem Wohnsitz – fast zwangsläufig zum Geschichtenerzähler, zum Poeten werden musste. Aber fangen wir langsam und vor allem von vorne an!

Wenn er aus seinen Büchern vortragen darf, ist Wolfgang F. Hofer ganz in seinem Element.

Vorne, da steht besagtes Gebäude, ein laaaanggezogener Einfirsthof, den besagte Vorfahren gekauft und bewirtschaftet haben. Bewirtschaftet bedeutet in diesem Fall zweierlei: einerseits Landwirtschaft, andererseits Gastwirtschaft nämlich. Das Bier hat die Ur-Oma ausgeschenkt, die hier die Wirtin war, weil der Ur-Opa „nur“ eingeheiratet hatte. Ende der 1970er Jahre haben die Großeltern das Wirtshaus zugesperrt, mit dem Traktor sind sie noch bis in die 90er hinaus aufs Feld gefahren, dann hat die Familie auch das sein lassen. Woifi erinnert sich noch gut an die Abwägung: Entweder brutal investieren und einer dieser übersubventionierten Industriebetriebe werden, oder es halt sein lassen, weil man als „kleiner Bauernhof“ kaum überleben kann.

Wolfgang F. Hofer – die One-Man-Show

Und so steht der Hof halt heute still, beziehungsweise ganz still stimmt auch wieder nicht, weil die Oma mit ihren bald 90 Jahren ja noch drin lebt, und weil der Woifi manchmal da drüben, wo früher das Hacker-Pschorr in Strömen floss, seine Lesungen abhält. Bietet sich ja an, wenn man schon einen schönen großen Raum zur Verfügung hat; auch wenn darin inzwischen eher eine Wohnzimmeratmosphäre herrscht, mit den rechteckigen Holztischen nebst Kanapee und Kachelofen. Zum „Heimspiel“ überwinden hat er sich aus einem anderen Grund erst müssen: „Wo der Pfennig geschlagen ist, zählt er nix. Kennst des Sprichwort?“ (Freilich war die Sorge umsonst, eingerannt haben sie dem Woifi die Bude.)

„Ich schreibe, seit ich den Füller halten kann“, sagt der Mann, der stilgerecht im Tweedjacket am Wohnzimmertisch sitzt, vor sich ein Stapel selbstverfasster (und, wichtig, selbstverlegter!) Bücher, daneben ein Ziegelstein von 1.300 Seiten: die Memoiren des belgischen Krimi-Autors Georges Simenon. Es ist ein unfairer Vergleich, hier der Autor von Weltrang, da der Woifi aus Lengdorf, der sich selbst offen und ehrlich als „One-Man-Show“ bezeichnet. Heißt: Er geistert nicht in dieser (in Teilen elitären) Szene herum, die man gemeinhin als Literaturbetrieb bezeichnet. Mit den Verlagen, die aus eingesandten oder eingekauften Manuskripten ihre Bücher machen; sich um Lektorat und die Vermarktung kümmern; darum, dass die Dinger in den Buchhandlungen liegen und die Feuilletons feinsinnige Kritiken verfassen.

Land- und Gastwirtschaft stehen längst still. Mit seinen Lesungen bringt der Enkel der ehemaligen Wirtin aber immer wieder Leben zurück in die Bude.

Lässt auf Graspapier drucken: Wolfgang F. Hofer

Woifi schreibt, setzt, layoutet, lässt (bei einer wirklich außergewöhnlichen Druckerei, die auf nachhaltigem Graspapier produziert) auf eigene Kosten drucken und übernimmt das Klinkenputzen bei potentiellen Veranstaltungsorten selbst. Ist er damit als Autor weniger relevant als die Fitzeks und Pilchers dieser Welt? Er selbst stellt sich diese Frage gar nicht. Er hat einfach eine helle, ansteckende Freude damit, wie es ist. Ohnehin, schaut man sich das genauer an, stimmt das mit dem Einzelkämpfer gar nicht! Gerade die „Shows“, seine Auftritte in Buchandlungen, Wirtshäusern oder im Erdinger Bauernhausmuseum sind auch deshalb so beliebte Spektakel im Landkreis und manchmal auch darüber hinaus, weil er sich geichgesinnte Unterhalter*innen an die Seite holt; und weil er wirklich einen köstlichen Fabulierer abgibt, was man beim Gespräch am laufenden Band erleben darf, zum Beispiel, als er in Richtung Kindheit abschweift und vom damaligen Pfarrer erzählt, eine alte Zwiderwurzn, von der er mal eine Kopfnuss bekommen hat, woraufhin der mutige Ministrant dem Glaubensmann gewaltig die Meinung gegeigt (und sich damit dessen Respekt verdient) habe.

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Aber zurück zu Woifis Lesungen: an so einem Abend liest er meinetwegen ein paar ebenso tiefsinnige wie humorige Mundartgedichte aus seinem Band „Droadbodn“ (in dem es um Kindheitserinnerungen sowie Beobachtungen von Mensch und Natur auf dem Lande geht), und wenn der Woifi zwischendurch Atem holen muss, spielt beispielsweise ein gewisser Zimmerer Albert aus seinen „Küchenliedern“ – eine CD, ebenfalls verlegt in Woifis Verlag „Hirnkastl & Herz“. Diesen Albert kennt man im sehr weiten Umkreis von Isen aus der seit über 40 Jahren musikalische Subersivität pflegenden Punkband „Pinklers“. An anderen Tagen begleitet den Woifi die Harfenistin Lisa Lohmaier, oder Elias Schraufstetter spielt auf seiner Ziach, sogar Ehefrau Susanne hat dem Woifi schon mit der Querflöte den Marsch geblasen. Wie das klingt, kann man sich nun auch auf der Doppel-CD „Rückwärtssalto“ anhören. Sie bildet die eingangs erwähnte Rückschau auf 30 Jahre literarisches Schaffen. Man kann davon ausgehen, dass leicht weitere 30 folgen. An Fabulierlust mangelt‘s Wolfgang F. Hofer nicht.