Händchen für ein schickes Wändchen: Mit Mut, Kreatitivät und Können haben sich sich Julia Horlacher und ihr Team als Gestalter*innen von Oberflächen und Wänden im Chiemgau einen Namen gemacht.

Fotos: Tanja Ghirardini, privat

Ein Pfau schlägt sein schimmerndes Rad; ein gigantischer Koi windet seinen orange geschuppten Körper; ein dichter Dschungel rankt sich vom Boden bis zur Decke. Julia Horlacher verbringt ihre Werktage zwar größtenteils in Innenräumen, an Flora und Fauna mangelts‘s ihr trotzdem nicht – jenen außergewöhnlichen Tapeten sei Dank, mit denen die selbstständige Maler- und Lackierermeisterin tagtäglich Wände in wahre Wunderwelten verwandelt. Die Kreativität, dieses Kunststück, kahle Mauern zu Kunstwerken machen zu dürfen, das liebt sie an ihrem Beruf. So sehr, dass sie morgens gar nicht das Gefühl hat, in die Arbeit zu fahren. „Ich ziehe los und habe Spaß“, sagt sie, mit breitem Grinsen im Gesicht und funkelnden Augen, die das Blau ihrer den linken Arm zierenden Tattoos widerspiegeln. So zufrieden mit sich und der (Berufs-)Welt zu sein – das hätte auch ganz anders kommen können.  

Mut zur Selbstständigkeit

Die Gesellschaft und ihre Institutionen hinken den Bedürfnissen und Talenten junger Frauen ja nach wie vor ein wenig hint‘nach. Geboren und aufgewachsen in Marquartstein im Landkreis Traunstein, muss das auch Julia erfahren, als es zum Ende der Hauptschule hin Zeit wird für Praktika. Denn was raten die Lehrer der Jugendlichen in fast schon pawlowscher Reflexhaftigkeit? „Eher zu frauentypischen Sachen“, erinnert sich die Chiemgauerin, die sich infolgedessen im Büro eines Autohauses, als Zahnarzthelferin und Kindergärtnerin schier zu Tode langweilt. Deutlich weniger fad findet sie es, den damaligen Freund zu begleiten. Der arbeitet als Maler, und Julia hat Gefallen daran mitanzupacken. Irgendwann meint der Papa, sie solle sich den Beruf doch mal ernsthaft anschauen, und siehe da, dieses Praktikum taugt ihr total. Nach dem Quali wird sie von dem Betrieb übernommen. Es folgen Lehre, Meisterschule und eine Zeit als angestellte Meisterin. Dann legt sich der nächste Schalter um.

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Ein Kumpel aus der Regensburger Meisterschule gründet „Lamurista“, ein Unternehmen, das sich auf innovative Materialien zur Wandgestaltung spezialisiert hat, darunter zum Beispiel Spachtelmassen, die den behandelten Oberflächen die Anmutung von korrodierten Metallen geben. (Auch das inzwischen ein vielgebuchtes „Steckenpferd“ im Repertoire der Wandgestalterin.) Praktischerweise bieten Alexander Baumer und sein Team die passenden Workshops gleich mit an – und so realisiert Julia, dass der Beruf deutlich mehr beinhalten kann, als das „weißeln“ von Neubauten oder die etwas angestaubten Wisch- und Schwammtechniken, die immer noch Teil der Ausbildung sind.

Wer (abgesehen von den richtigen Materialien) eine kreative Ader hat, kann in ganz neue Dimensionen der Wandgestaltung vordringen. Also trifft die Malermeisterin eine Entscheidung, die sie seither keine Sekunde bereut hat: Sie macht sich als „Malermeisterin Horlacher“ selbständig, spezialisiert sich auf individuelle, kreative und edle Oberflächengestaltung und richtet sich im selben Pinselschwung gleich noch einen spektakulären Showroom ein. (Dass die Räumlichkeiten in einer ehemaligen Metzgerei liegen – wie das Malerhandwerk ein nach wie vor eher männerdominierter Beruf – mag als zufälliges, dafür nicht minder witziges Symbol der Zeitenwende gelten.)

Geschlechterklischees bergen auch Vorteile

Dieses Mann-Frau-Ding – inwieweit spielt das überhaupt noch eine Rolle in ihrer Branche? Zunächst, sagt Julia, seien es gar nicht mehr so wenige Frauen, die Malermeisterinnen werden. Doch ein Großteil höre schnell wieder auf. Der Beruf ist körperlich anstrengend, gerade im konventionellen Bereich. Zudem herrsche nach wie vor ein durchaus rauer Ton auf den Baustellen. „Wennst da nicht bläd daherreden kannst, hast ein Problem“, sagt Julia, die mit einem selbstbewussten bayerischen Mundwerk gesegnet und dementsprechend um kein Contra verlegen ist. Auf der anderen Seite bergen diese Geschlechterklischees auch Vorteile. So gehen Kund*innen oft davon aus, dass sie als Frau sauberer arbeitet als Männer…

Noch eine Frau mit tollem Handwerk: Blaudruck aus Bad Aibling

Erfolgreich und akurat hat Julia auf jeden Fall gearbeitet. „Mal was anderes, mal was kreatives“ (wie ihr Slogan lautet) leisteten sich schnell so viele Menschen und Firmen im Chiemgau und weit darüber hinaus, dass bald die erste Angestellte her musste. Mit Michaela Gries hat Julia eine Art Alter Ego gefunden, eine Schwester im Geiste, die gleich tickt, gleich gern malert,spachtelt und tapeziert, genauso kreativ und fleißig arbeitet. Ein Dreamteam. Eins, das weiter wachsen wird. Der Trend zu außergewöhnlichen Wandgestaltungen lässt nicht nach. Das Auftragsbüchlein der umtriebigen Handwerker*innen quillt über. Inzwischen ist auch ein Mann an Bord, betont Julia augenzwinkernd. Dann düst sie los, Richtung München. Ein Ehepaar hätte gern den Zweitwohnsitz am Chiemsee aufgemotzt. Julia und Micha haben freie Hand, heißt es. Was kann es Schöneres geben für zwei Kreative? Bevor sie loslegt, macht sich Julia gern ein Bild von den Kund*innen. Vielleicht ist das ja eine eher weibliche Herangehensweise? Sie will wissen, wie die Leute ticken. Wie sie bislang leben. Daraus entsteht zunächst ein Bild im Kopf – und am Ende spektakuläre Wände.

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