Die Rangerin Sabine Gerg will Mensch und Natur in Einklang bringen.

„Mein Arbeitsplatz ist einer der schönsten der Welt.“ Während sie das sagt, läuft Sabine Gerg von Lenggries aus an der Isar entlang, die sich von Süd nach Nord durchs Tölzer Land schlängelt. An ihrer Seite Labrador-Mischling Bertie, wie immer, wenn sie auf Patrouille geht. Seit 2019 ist die 47-Jährige beim Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen als Rangerin eingestellt und inzwischen nicht nur für Isar und Sylvensteinsee zuständig, sondern seit April 2020 auch für den Walchensee.

Die Aufgabe der 14 Tölzer Ranger ist es, das Gleichgewicht zwischen der Natur und den Menschen, die hier Erholung suchen, zu erhalten. Keine leichte. Erst recht nicht in einem Jahr wie diesem, in dem ein Auslandsurlaub für die meisten keine Option gewesen ist, die Schönheit der Isar und des aquamarinen Walchensees Münchner Tagesausflügler und Urlauber von weiter weg indes noch stärker angezogen haben als sowieso schon. Dass die Menschen an „ihren Arbeitsplatz“ strömen, um Kraft zu tanken und Erholung zu finden, kann Gerg, die im Isartal groß geworden ist, nur zu gut verstehen.

„An der Isar hängt mein Herz. Egal, wo man sich im Isarwinkel befindet, immer begegnet man ihr. Sie hat als einer der letzten großen Wildflüsse Deutschlands einen besonderen Zauber.“ Auch der Walchensee auf 800 Metern Höhe, einer der ältesten, größten und tiefsten Alpenseen Deutschlands, werde nicht umsonst als „bayerisches Meer“ bezeichnet. Die unverbauten Ufer, Wind und Wellengang, die Kiter und Surfer locken, die Bergkulisse mit Herzogstand und Jochberg, das klare, türkisblaue Wasser… „Wann immer du auf den See schaust, weißt du, warum du hier so gerne bist“, sagt Gerg. Dass die zweifache Mutter für dieses begnadete Eck nun selbst Verantwortung übernommen hat und dabei helfen darf, das Naturparadies zu bewahren, war keine Selbstverständlichkeit.

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Die Rangerin ist eigentlich Sozialpädagogin

Denn anfangs konnte nur Ranger werden, wer Landschaftsökologe oder -architekt, Gärtner oder Kräuterpädagoge war. Sabine Gerg ist Sozialpädagogin. Fast 20 Jahre lang hat sie in der ambulanten Erziehungshilfe gearbeitet. Die offenere Stellenausschreibung 2019 der Unteren Naturschutzbehörde passte allerdings wie „Faust aufs Auge“: Ortskundigkeit, Liebe zur Natur, handwerkliches Können, Kommunikationsgeschick und Konfliktlösefähigkeit? Alles Voraussetzungen, die Gerg erfüllte, und die sie nun täglich bei ihrer Arbeit als Mittlerin zwischen Mensch und Natur braucht. Vor allem an schönen Sommertagen, wenn sich ganze Massen stundenlang durch den Stau an den See gequält haben und dann einfach die erstbeste Parknische zustellen, die sich ihnen bietet. Zwar fielen die Parkkontrolle und das Freimachen der Rettungswege gar nicht in ihr Aufgabengebiet. Doch an manchen Tagen habe sie nichts anderes gemacht, als Menschenströme zu lenken und Parksünder zu melden. „Die allermeisten Besucher sind zum Glück vernünftig“, erklärt Gerg“, dass hier immer die Natur Vorrang hat, sehen 80 Prozent der Leute ein.“

Grillen, überhaupt Feuer machen, wildes Parken und Übernachten im Zelt, Wohnmobil oder VW-Bus außerhalb von Camping- oder Nachtparkplätzen – all dies ist in den Landschaftsschutzgebieten Isartal und Walchensee schon seit geraumer Zeit verboten, die Hinweisschilder zeigen es groß und deutlich. Doch erst seit letztem Jahr werde das Einhalten der Regeln stärker verfolgt und mit empfindlicheren Bußgeldern geahndet, erklärt die Naturhüterin. Ranger, Gemeinden, Polizei, Wasserwacht, Forst und Fischereiverbände ziehen dabei an einem Strang und treten einheitlich auf.

Mit Partner und Hund fühlt sie sich sicher

Eine gewisse Strenge und Unerschrockenheit sind manchmal durchaus vonnöten. Denn unter den 20 Prozent der Uneinsichtigen seien doch immer wieder einige, die ausfällig würden und für richtig Ärger sorgten. „Alter und Bildung spielen dabei keine Rolle, oft ist es sogar der Herr Doktor, der sich am wenigsten sagen lässt“, hat die Rangerin beobachtet. Dass sie während der Nachtschichten immer ihren Partner, den Adlwarth Hans, „einen rechten Schrank“ und auch Bertie an ihrer Seite weiß, gibt der Lenggrieserin ein gutes Gefühl. Es wisse ja niemand, dass der Labrador-Mischling „ein totales Lamm“ sei, erzählt seine Besitzerin fröhlich. Und ein gewisses schauspielerisches Talent, sich als scheinbar „scharfer Hund“ zu gebärden, habe er im Laufe der Zeit ebenfalls entwickelt.

Die ständigen Kontrollen entlang der Isar, der Mautsstraße Vorderriß und im Walchenseegebiet zeigen übrigens erste Erfolge. „Seit die Polizei oder wir Ranger jede Nacht unterwegs sind und es sich auch in den Internetcommunities herumgesprochen hat, dass wir sehr wohl kontrollieren, sind hier nachts viel weniger Menschen unterwegs. Dafür kommt die Natur zurück.“ Eulen, Kauze, Hasen, Dachse, Rotwild – es vergeht derzeit kaum ein Abend, ohne dass Sabine Gerg diese Tiere sehen oder zumindest hören würde: Das Röhren der Hirsche ist manchmal sogar dicht an den Straßen zu vernehmen.

Tiere und Pflanzen brauchen eben auch Erholungszeiten. Jetzt im Herbst, wenn es nicht mehr so heiß ist, die Menschenmassen ausbleiben, werden sie sie hoff endlich finden. „Auch wir Ranger kommen endlich wieder zu unseren anderen Aufgaben: Wege freischneiden, Schilder aufstellen, Pflanzen bestimmen, nach Krabbeltieren schauen, Flora und Fauna beobachten“, freut sich Sabine Gerg. „Und an diesen Tagen, wenn die Nebel in den Bergen hängen und die Bäume ihre Herbstfärbung annehmen, dann ist das Wasser des Walchensees noch klarer, noch aquamariner“, gerät die Rangerin über ihre Heimarbeit ins Schwärmen, die sich eben ganz anders anfühlt als das übliche „Homeoffice“.

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