Der Künstler und Felsenbauer Klaus Schwendtbauer aus Piding gestaltet Felsen, Wegetaferl und Wappen so täuschend echt nach, dass sie nicht mehr vom Original zu unterscheiden sind.

Genauso unerschütterlich wie der redensartliche Fels in der Brandung ist bei Klaus Schwendtbauer der Glaube an das, was er tut. Denn in das, was da in seiner Werkstatt in Piding entsteht, steckt er viel Herzblut hinein. Und was kommt dabei heraus? So kurios es klingt: Schwendtbauer baut Felsen. Und nicht nur das. Er geht mit offenen Augen durch die Welt, um zu „kopieren“, was ihm gefällt: von in Marmor gemeißelten Wappen über alte Wegeschilder bis hin zu formschönen Findlingen – er baut es aus Polyester und Silikon nach. „Das ist ein Wundermaterial, daraus kannst Du alles machen“, schwärmt er.

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Sein ganzer Stolz steht draußen vor der Tür: ein Auto-Anhänger in der Optik eines großen Felsblocks. Die Idee dazu entstand auf einer Reise nach Miami. Dort stieß er in einem Supermarkt auf ein Sixpack Bier mit dem Namen „Rolling Rock“. Nach kurzem Überlegen überkam es Schwendtbauer. Augenblicklich wusste er, was er bauen wollte. Das Ergebnis können Besucher nun entweder vor seiner Werkstatt oder gelegentlich auf der Autobahn bewundern.

Mehrere kleine Eyecatcher geben dem Hänger einen besonderen Look. So ziert ihn zum Beispiel das bayerische Wappen, das einst Prinzregent Luipold Ende des 18. Jahrhunderts dem Salzbergwerk Berchtesgaden spendierte und dessen Original aus Marmor bei der Einfahrt in den Berg bestaunt werden kann. Auch ein Wegetaferl, das täuschend echt aussieht, ist an dem Felsenhänger angebracht. Besonders ins Auge fällt jedoch die vermeintliche Eisentür auf der Rückseite. „Das ist der Abdruck von einer Fetzentür aus dem 15. Jahrhundert“, erklärt Schwendtbauer. Damals wurden kaputte Sudkessel in den Salinen mit Eisenfetzen repariert.

Mit seinem Hänger würde der Felsenbauer am liebsten einen Werbespot drehen

Aus eben solchen Fetzen wurde auch die Tür gebaut, die dem Künstler als Vorlage zum Abformen diente und die heute in einem Museum steht. „Mit diesem Hänger wurde ich schon oft fotografiert“, sagt der Felsenbauer stolz. Am liebsten würde er damit einen Werbespot drehen. Die passende Idee dafür hat er schon: eine Hand mit einem Schild mit der Aufschrift „Hilfe, ich werde entführt!“ hängt hinten zur Tür hinaus. Wenn dann die Polizei, schwerbewaffnet, den Hänger stürmt, sitzen ein paar Männer mit langen Bärten wie in der Band ZZ Top an einer Biertischgarnitur und trinken „Rolling Rock“-Bier. Aber das ist nur eine von vielen Fantasien, die dem Künstler im Kopf herumspuken. In einer anderen stellt er sich eine verspiegelte Felsensitzbank als Höhepunkt bei einer Modenschau vor.

Der Hänger ist nicht sein einziges Gefährt, das ein wahrer Blickfang ist. Auch ein Motorrad in teils verspiegelter Rostoptik zählt zu Schwendtbauers Schätzen. Passend dazu trägt er bei seinen Ausflügen eine auffällige Motorradkluft mit verziertem Helm und Stiefeln. „Ich wollte nie normal sein“, gibt der Künstler zu.

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Kopien mit Weltgeschichte

Gleich neben dem Motorrad hängen in einem seiner Ausstellungsräume vier gusseiserne Reliefplatten, welche die Symbole der Menschheitsgeschichte zeigen. Die Vorbilder haben bereits einen weiten Weg zurückgelegt. 1972 wurde die US-Raumsonde Pioneer X ins Weltall geschossen. Mit an Board war eine elektronische Schallplatte, auf der sich eben jene Symbole befinden, die als Botschaft an eine intelligente, außerirdische Lebensform gedacht waren. Die Reliefplatten zeigen beispielsweise das SOS-Notrufsignal in Morsezeichenschrift, das Zusammentreffen von Materie und Anti-Materie sowie die Namen der geistigen Elite verschiedener Jahrhunderte, angefangen mit Ptolemäus, gefolgt von großen Namen wie zum Beispiel Galileo Galilei, Johannes Kepler, Isaac Newton und Albert Einstein. Ausschnitte der Platten verbaut Schwendtbauer gerne mal in Bilderrahmen.

Bei seinen Arbeiten legt der Künstler vor allem Wert auf Außergewöhnlichkeit, Qualität und die Liebe zum Detail. Darum verwendet er auch nur hochwertige und recht teure Materialien. Das Polyesterharz beispielsweise wird auch im Bootsbau benutzt. Kein Felsen ist wie der andere. Jeder hat seine besondere Struktur.

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Aus Polyesterharz und Glasfasern entstehen die Kunstwerke

Die Findlinge, Wasserläufe und Felswände, die Schwendtbauer gestaltet, wurden in Jahrmillionen von der Natur geformt. Mit einem eigenen, sehr aufwendigen Verfahren formt der Künstler den jeweiligen Fels direkt am Berg eins zu eins ab. Aus diesem Silikon-Negativ entsteht aus Polyesterharz und Glasfasern die exakte Kopie des abgeformten Felsbrockens. Aber auch neue Formen, zusammengesetzt aus verschiedenen Felsteilen, ruft er mit dieser Methode ins Leben. Um seinen Kunstfelsen den letzten Kick zu geben, verbaut Schwendtbauer auch fossile Versteinerungen wie Ammoniten gerne mal mit ein.

Der Erfolg spricht für sich. So durfte der Felsenbauer anlässlich der Bob- und Rodel-Weltmeisterschaft 2016 in Berchtesgaden das Siegerpodest bauen. Als Vorlage für den ersten Platz diente ihm ein Fels aus dem Obersulzbachtal im Nationalpark Hohe Tauern in Österreich. Auch für Giorgio Armani baute er schon einen Felsen, der als Präsentationsfläche für Parfümfläschchen in einer Shoppingmall in Hongkong dient. Der schwarze, glänzende Fels sei ein echter Hingucker gewesen, sagt Schwendtbauer. Aus Teilen jener Fetzentür an seinem Anhänger baut der Künstler unter anderem ausgefallene Lampen oder den Brustpanzer einer Ritterrüstung.

Vom Hotel bis zur Wohnzimmer-Deko

Auch für Wellnessbereiche in Hotels, für den Schuhladen Angerer in Berchtesgaden oder für die eigene Wohnung bastelte der Künstler schon täuschend echt aussehende Felsen. Die Kunstfelsen können zum Glastisch ausgebaut werden und bilden einen ganz besonderen Blickfang in der Gastronomie oder als Messestand. Alternativ bietet der Künstler Dekofelsen für den Garten als Abdeckung für Filteranlagen oder als Garage, zum Beispiel für einen Rasenroboter, an.

In seiner Werkstatt können sich Besucher einen Eindruck von der optischen „Echtheit“ der einzelnen Felsen verschaffen. Mit seiner außergewöhnlichen Gabe, besondere Dinge aus der Natur zu erkennen und nachzubauen, macht Schwendtbauer genau das, was auch Goethe schon wusste: „Aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.“

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