Maja Schmid aus Rosenheim und ihr Auto fallen ohne Zweifel auf. Beide sind groß und bunt und können ganz schön laut werden. Doch der Schein trügt. Obwohl sie früher ein Mann mit Kriegserfahrung war, steckt eine zarte Seele in dieser Frau.  

Ein wenig ins Grübeln sei sie die Tage gekommen, erzählt Maja, als wir uns fürs Interview in einem Café und in der strahlenden Sonne treffen. Eine Freundin habe zu Bedenken gegeben, ob sie, Maja, ohne ihr Auto wohl für weniger Furore sorgen würde? Keine Frage: Das Auto ist das Gegenteil von vornehmer Zurückhaltung. Der Cadillac Coupé DeVille ist sechs Meter lang und knallorange. Und spätestens wegen der Folierung schauen Passanten dem Wagen immer hinterher: das Jägermeister-Logo. Wer mitfahren darf, erlebt, wie die Menschen an der Straße stehenbleiben, winken, grinsen oder bewundernd glotzen.

Nein, Majas Auto, die „Caddylady“, ist kein Midlife-Crisis-Phänomen, keines dieser unangenehmen Exzentrik-Objekte, mit denen sich „alte weiße Männer“ einen Hauch von Verwegenheit und Rock ’n’ Roll erkaufen. Seit sie 19 Jahre alt ist, sitzt Maja hinterm Steuer von US-Cars. Ein Pick-up mit 400 PS war das erste Modell, das sie damals kaufte – und rosa lackieren ließ. Noch heute sagt sie: „Eine supercoole Karre“. 

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Eine kleine Weltreise für den Jägermeister Cadillac

Die Caddylady mit Pilotin „Biene Maja“ am Steuer und dem Polizeisticker an der Frontscheibe, das ganze schimmernde orangene Schiff – das ist ein erfüllter Traum. Maja krallte sich das Auto 2012 bei einem Händler im Internet. Da war sie gerade beruflich in Afghanistan, der Cadillac auf dem Schiffsweg nach Rotterdam. Zwei Wochen später flog sie nach Deutschland und düste dann mit einem befreundeten Mechaniker von Rosenheim in den Norden, um ihren Fang  abzuholen. Was sie auf den Anhänger luden, glich einem „Schrotthaufen“, der „von der Form her“ aber war, was sie schon immer gewollt habe, schwärmt sie. Und flirtet: „Du kennst das ja, wenn man was unbedingt haben willl…“ Maja war, wir zitieren, „auch als Kerl schon immer vorne mit dabei“. 

Es folgt der Klassiker: Aus dem für ein paar Monate eingeplanten Projekt mit Restaurierung, Lackierung, Interieur-Erneuerung und Reparatur des Oldtimers aus dem Jahr 1968 wurde ein jahrelanges. Kaum war der Wagen orange lackiert, schrieen Szenefreund*innen nach den passenden XXL-Aufklebern der Marke mit dem Hirsch. Sie bekamen ihren Willen. Eine offizielle Kooperation mit dem Kräuterlikor-Riesen habe es dennoch nie gegeben. Der hätte sich Aufritte von Maja und Caddylady zwar gewünscht, aber nicht bezahlt. „Ich trinke eh keinen Jägermeister“, winkt Maja lächelnd ab.

Die Story ging auch so viral: Dank seiner knalligen Optik ist der Jägermeister Cadillac ein bunter Hund auf Instagram, im Straßenbild oder parkend an der Uferpromenade in Übersee am Chiemsee, wo sie gerne Rast einlegt. „Dafür braucht’s gar nicht das verrückte Mädl zu dem Auto“, sagt sie augenzwinkernd. 

Maja Schmid aus Rosenheim: Ein bemerkenswertes Leben

Maja ist 1,84 Meter groß (ohne Absätze), trägt bei unserem Treffen ein kurzes Kleid, ihre Tattoos und ein perfektes Styling zur Schau. Dass es ihr gleichwohl nicht darum geht, um jeden Preis auffallen zu wollen oder gar zu müssen, wird schnell klar. Sie ist überraschend zuvorkommend, entschuldigt sich schüchtern für ihre Verspätung von höchstens drei Minuten und berichtet entwaffnend ehrlich aus ihrem Leben. Und das ist wahrlich ein Bemerkenswertes!

Bundespolizistin ist die Rosenheimerin seit 35 Jahren. Eine von den harten Typen, könnte man sagen. Sie pflegt  ein Faible für Auslandseinsätze in Krisengebieten. Sie sei lange, sagt sie, ganz in der „typischen Männerrolle“ aufgegangen, zumindest beruflich. Als Frau habe sie nur im engsten Freundeskreis gelebt.

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Obwohl auf Majas Oberarm der Schriftzug „Afghanistan“ prangt, gibt sie wenig aus ihrer Zeit der weltweiten Spezialverwendungen für die Bundespolizei preis. Doch aus dem Wenigen lässt sich erahnen: 2009, im Einsatz in Kabul, als die deutsche Botschaft unter Beschuss stand, wurde der toughen Kämpferin die Endlichkeit des Lebens erschreckend bewusst. Sie entschied sich, dass man dieses eine Leben, das man nur hat, lieber richtig leben sollte. „Noch heute bereue ich, dass ich mich so spät geoutet habe“, sagt sie.

Ihr Name eilt Maja Schmid voraus

Maja machte Schluss mit ihrem Doppelleben, indem sie ihre Männerklamotten verbrannte. Kein Bundespolizist, sondern eine Bundespolizistin kehrte nach einigen Monaten und mit Rückhalt von ganz oben in den Dienst zurück. „Bei der Polizei zu arbeiten, war schon immer mein Traumjob“, sagt sie, „ich wollte nie etwas anderes.“ Maja Schmid aus Rosenheim, der Name eilt ihr im Beruf weit voraus – ob mit oder ohne röhrendes Motorengeräusch. Mittlerweile koordiniert sie Einsatzkräfte aus ganz Deutschland.

Fotos: Andreas Jacob

Tauscht sie die Rolle – von der Polizistin zur Autonärrin – wird Maja zu einer Art Fixstern der oberbayerischen US-Car-Szene. Sie organisiert farbenprächtige Treffen, die eine Welt erschaffen aus Blue Jeans, Petticoats und Rock ’n’ Roll. Wer mit Maja in ihrem Cadillac cruisen darf, wird in eine Zeit versetzt, in der „dream big!“ noch keinen faden Beigeschmack hatte. Wenn die Caddylady bei überregionalen US-Car-Treffen vorneweg fährt, macht das „größte Auto von allen“ ordentlich Welle für die Ankunft der Rosenheimer Fraktion. „Manche fahren mir sogar hinterher, obwohl sie gar nicht wissen, wo ich hinwill“, lacht Maja, die geborene Anführerin – mit weichem Kern. Als Frau aufzutreten, sagt sie, sei per se eine Herausforderung. Als Maja für unseren Fotografen in der Sonne posieren darf, grinst sie entrüstet: „Kerle haben es viel leichter!“